Umweltschützer in Sotschi bekommen Unterstützung von der UNESCORUSSLAND

Umweltschützer in Sotschi bekommen Unterstützung von der UNESCO

Experten der UNESCO empfehlen die Verlegung einzelner Olympia-Projekte in ökologisch weniger gefährdete Gebiete.

Von Ulrich Heyden

N ach langem Warten haben die Experten der UNESCO ihre Meinung zu einigen umstrittenen Olympia-Objekten im Raum Sotschi kundgetan und die russischen Umweltschützer sind zufrieden. Die UNESCO-Experten besuchten im April Krasnaja Polana, das Bergebiet, wo die alpinen Wettkämpfe stattfinden sollen. Nun empfahlen sie die Verlegung der Bob-Bahn und des olympischen Dorfes in ökologisch weniger gefährdete Gebiete. Ein Bericht der UNESCO-Experten mit dieser Empfehlung wurde von der Umweltschutzorganisation „Nordkaukasische Öko-Wache“ veröffentlicht.

Nach den Plänen der russischen Regierung sollen die beiden besonders umstrittenen Objekte auf der „Birnen-Wiese“ gebaut werden, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Westkaukasischen Naturschutzpark, der zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. In dem umstrittenen Gebiet leben seltene Tiere wie die westkaukasische Gams und der westkaukasische Steinbock.
 
Als eine Delegation der UNESCO im April die Baustellen im Skigebiet Krasnaja Polana und im angrenzenden Westkaukasischen Naturschutzpark besuchte, gab es bereits erste Kritik. Die Beamten der UNESCO bemängelten den Straßenbau zur so genannten „Mond-Wiese“, wo ein Elite-Erholungszentrum entstanden ist, und wo es verschiedene Wald-Rodungen im Kaukasischen Naturschutzpark gegeben hat. Unmittelbar nach dem Besuch der Delegation wurde der Straßenbau eingestellt. 

Verträumtes Dorf

Nach Meinung der Ökologen wird die Olympiade zu einer schweren Belastung für die Natur. Die meisten der geplanten Olympia-Bauten liegen im Naturschutzgebiet von Sotschi. Die alpinen Wettkämpfe sollen in Krasnaja Polana stattfinden, einem verträumten Dorf mit nur 4.000 Einwohnern. Doch 2014 werden in dem Berg-Tal täglich bis zu 200.000 Menschen erwartet. Bis vor ein paar Jahren war Krasnaja Polana nur über eine kleine Serpentinenstraße zu erreichen. Jetzt gibt es eine moderne, mehrspurige Straße, die durch verschiedene Tunnel führt. Geplant ist eine weitere Straße und Bahnverbindung, mit der Olympia-Besucher in 40 Minuten vom Flughafen direkt ins Ski-Gebiet gelangen können.

Anatoli Kudatkin ist Professor für Ökologie und spezialisiert auf Bären und Wölfe. Zwölf Bären haben im Umkreis von Krasnaja Polana ihre Höhlen, erzählt der Forscher, der selbst häufig mit dem Zelt durch die Berge zieht. Am liebsten hätte er Putin gesagt, „dass man in Sotschi keine Olympiade durchführen darf. Sotschi ist ein Kurort. Hier gibt es eine einzigartige Natur. Wir können mehr Geld verdienen, wenn wir den Touristen die wilde Natur zeigen.“  Jetzt, wo die Olympiade nicht mehr aufzuhalten ist, will der Bären-Forscher den größten Schaden verhindern. Er setzt sich dafür ein, dass die Sport-Objekte in Abstimmung mit den Ökologen gebaut werden.

Ungeahnte Kosten

„Schon jetzt kann man sich an den Kopf fassen“, schreibt das Magazin „Russki Reporter“. Von den geplanten 200 Olympia-Objekten, dazu gehören nicht nur die Sportstätten, sondern auch Hotels, Straßen und Energie-Verbindungen, „sind erst einige Objekte gebaut. 50 Objekte werden zurzeit projektiert.“ Die übrigen Objekte existieren noch nicht mal auf dem Reißbrett. Nach offiziellen Angaben wird die Olympiade 8,5 Milliarden Euro kosten. Doch das sind ungefähre Kosten, denn die Grundstückspreise explodieren, die Entschädigung für Grundstücke ist noch nicht geregelt und ein Großteil der Ausschreibungen für die Olympia-Bauten hat noch gar nicht stattgefunden.

Das IOK findet an all dem nichts Alarmierendes. Der ehemalige Ski-Läufer Jean-Claude Killy, der im April an der Spitze einer IOK-Delegation Sotschi besuchte, fand die Situation vor Ort „nicht einfach“, aber nicht alarmierend. Offenbar hat das IOK schon dramatischere Bauplätze besucht.

Dass es in Sotschi „nicht einfach“ ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Der ehemalige russische Ministerpräsident, Viktor Subkow, kritisierte den Zeitverzug bei den Baumaßnahmen. An der Spitze der vom Kreml gegründeten staatlichen Baufirma Olympstroj gab es bereits einen Personalwechsel. Im April quittierte der erfahrene Manager Semjon Weinstock, der früher für den russischen Pipeline-Bau verantwortlich war, seinen Job als Direktor von Olympstroj. Sein Nachfolger ist der Bürgermeister von Sotschi, Viktor Kolodjaschnyj. Glaubt man den Gerüchten in der Stadt, dann ging Weinstock, weil er erkannte, dass die Olympiade nur in einem Kraftakt zu bewältigen ist. Viele geologischen Berechnungen erwiesen sich als ungenau, die Kostenvoranschläge der Baufirmen sind überhöht, die Bodenpreise sind in märchenhafte Höhe gestiegen. Allein die Entschädigung der Grundstücke soll 2,35 Milliarden Euro kosten. Zudem weiß niemand, wo die 180.000 Bauarbeiter eigentlich wohnen sollen. Von Weinstocks Nachfolger, Viktor Kolodjaschnyj, heißt es, er sei ein überaus pragmatischer Mann und womöglich nicht die letzte Besetzung auf diesem Posten. Die überhöhten Geld-Forderungen der örtlichen Baufirmen werde Kolodjaschnyj schlucken, erzählt man sich in Sotschi.

Investoren stehen Schlange

Unterdessen stehen ausländische Firmen beim Bürgermeister von Sotschi Schlange. Fast täglich empfängt Viktor Kolodjaschnyj eine Unternehmer-Delegation aus dem Ausland. Das Bauprogramm ist riesig. Die gesamte Infrastruktur der Region muss modernisiert werden, dazu gehören Hotels, Straßen, Kraftwerke und die Energieversorgung.
 
Deutsche und österreichische Unternehmen sind bereits vor Ort. Die neuen Lifte im Olympia-Zentrum Krasnaja Polana sind bereits mit Doppelmayr-Liften ausgerüstet. Siemens modernisiert das Gaskraftwerk von Sotschi. Außerdem hat das deutsche Unternehmen Aufträge im Bereich der Energieverteilung und der Sicherheitsüberwachung. Im April informierte sich  Wirtschaftsminister Michael Glos mit einer Unternehmer-Delegation über die Investitionsmöglichkeiten in der Region.

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