Wird Putin jetzt grün?SOTSCHI

Wird Putin jetzt grün?

Russlands Regierungschef gibt dem Druck von russischen Umweltschützern und UNESCO nach und ordnet die Verlegung von Olympia-Bauten an.

Von Ulrich Heyden

E rst protestierten die russischen Ökologen, dann warnte die UNESCO. Jetzt reagiert Putin. Der russische Regierungschef ordnete kürzlich bei einem Treffen mit Ökologen und Regierungsbeamten in Sotschi die von den Umweltschützern geforderte Verlegung der Bob-Bahn und des Olympischen Dorfes für die Olympischen Winterspiele 2014 von der so genannten „Birnen-Wiese“ in ein ökologisch unbedenkliches Alternativ-Gebiet an.
 
Die „Birnen-Wiese“ liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des Westkaukasischen Naturschutzparks, der zu den von der UNESCO geschützten Naturgebieten gehört. In dem Naturschutzgebiet leben viele Tier-Gattungen, die es nur im Westkaukasus gibt, darunter Gemse, Steinböcke, Bären und Adler. Ihre Leben wären durch den Olympia-Trubel gestört. Allein für die Bob-Bahn sind 11.000 Zuschauer geplant.

Putin entdeckt die Natur

Putin, der sich bisher mit ökologischen Bekenntnissen zurückgehalten hat, sagte Worte, bei dem das Herz jedes Umweltschützers höher schlagen müsste. „Wenn das Gleichgewicht der Natur gestört wird, kann eine Situation entstehen, die man mit Geld nicht ausgleichen kann. Deshalb bin ich der Meinung, diese Objekte an einen anderen, mit dem Internationalen Olympischen Komitee  abgestimmten Platz zu verlegen.“
 
Der Sprecher von Greenpeace-Russland, Michail Kreindel, äußerte sich zu Putins Erklärung nüchtern. „Wir begrüßen die Entscheidung“, sagte der Umweltschützer. Offenbar warten die Ökologen noch, wie Putins Anordnung umgesetzt wird. Kreindel erklärte, Putins Entscheidung sei ein Erfolg der Umweltschützer und der UNESCO. In Russland hatten sich neben Greenpeace, der „World Wide Fund For Nature“ (WWF) und die „Ökologische Wache des Nordkaukasus“ für eine Verlegung der Bob-Bahn und des Olympischen Dorfes eingesetzt. Putins Entscheidung kam unmittelbar nach der Veröffentlichung eines Gutachtens der UNESCO, welche die Berggegend um Krasnaja Polana, wo 2014 die alpinen Wettkämpfe stattfinden sollen, im April besucht hatte.

Zeitplan soll eingehalten werden

Viktor Kolodjaschnyj, der Chef der staatlichen „Olymp-Stroj“-Baugesellschaft, die für die Organisation der Olympia-Bau-Maßnahmen verantwortlich ist, wandte bei dem Treffen mit Putin ein, dass man durch die Verlegung der Objekte sechs Monate in Verzug gerate. Doch Putin zwang dem Beamten vor laufender Kamera das Versprechen ab, dass die Baumaßnahmen  nach dem bisherigen Zeitplan durchgeführt werden.

Nach den Ökologen traf sich Putin mit dem Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), dem  ehemaligen Ski-Läufer Jean-Claude Killy, und teilte ihm seine Entscheidung mit.
Es ist bereits das zweite Mal, dass Putin Kritik von Ökologen nachgibt. Im April 2006 hatte der damalige Kreml-Chef für die Öl-Pipeline zum Pazifik eine weiträumige Umgehung des Baikal-Sees angeordnet. 

Grundstückspreise steigen

Trotz einstudierter Anordnungen vor laufender Kamera werden die Olympischen Winterspiele 2014 für die russische Regierung immer mehr zum Problemfall. Es gibt einen extremen Zeitverzug bei den Bauarbeiten. Außerdem explodieren die Kosten. Von den geplanten 200 Olympia-Objekten, dazu gehören nicht nur die Sportstätten, sondern auch Hotels, Straßen und Energie-Verbindungen, sind erst einige Objekte gebaut. 50 Objekte werden zurzeit projektiert. Die übrigen Objekte existieren noch nicht mal auf dem Reißbrett, schreibt der „Russische Reporter“. Ein Großteil der Ausschreibungen für die Olympia-Bauten hat noch gar nicht stattgefunden.

Nach offiziellen Angaben wird die Olympiade 8,5 Milliarden. Euro kosten. Doch das sind ungefähre Kosten, denn die Grundstückspreise explodieren. Für die Entschädigung der Grundstücke rechnet man mit Kosten von mindestens 2,35 Milliarden Euro.

An all dem findet das IOK nichts Alarmierendes. Der ehemalige Ski-Läufer Jean-Claude Killy, der im April an der Spitze einer IOK-Delegation Sotschi besuchte, fand die Situation vor Ort „nicht einfach“, aber auch nicht alarmierend. Offenbar hat das IOK schon dramatischere Bauplätze besucht.

Investoren stehen Schlange

Unterdessen stehen ausländische Firmen in der Stadtverwaltung von Sotschi Schlange. Fast täglich wird dort eine Unternehmer-Delegation aus dem Ausland empfangen. Das Bauprogramm ist riesig. Die gesamte Infrastruktur der Region muss modernisiert werden, dazu gehören Hotels, Straßen, Kraftwerke und die Energieversorgung.

Deutsche und österreichische Unternehmen sind bereits vor Ort. Die neuen Lifte im Olympia-Zentrum Krasnaja Polana sind bereits mit Doppelmayr-Liften ausgerüstet. Siemens modernisiert das Gaskraftwerk von Sotschi. Außerdem hat das deutsche Unternehmen Aufträge im Bereich der Energieverteilung und der Sicherheitsüberwachung. Im April informierte sich  Wirtschaftsminister Michael Glos mit einer Unternehmer-Delegation über die Investitionsmöglichkeiten in der Region.

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