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Asiens Appetit auf Hundefleisch

Asiens Appetit auf Hundefleisch

Laut chinesischem Tierkreiszeichen-Kalender ist 2018 das Jahr des Hundes. Doch in Asien landet des Menschen bester Freund oft im Kochtopf. Weltweit werden rund 30 Millionen Hunde jährlich geschlachtet und als kulinarische Delikatesse verspeist.

Von Wilfried Arz | 13.01.2018

Asiens Küchen bieten eine Fülle leckerer, oft raffiniert zubereiteter Delikatessen. Zu den kulinarischen Angeboten zählt auch Hundefleisch. Asiens neue Mittelschicht gilt als konsumfreudig und offenbart ein neues Bewusstsein, auch im Verhältnis zum Hund. Als neues Phänomen werden Hunde als neue Statussymbole stolz präsentiert aber auch (allerdings nicht von Tierfreunden) gern als kulinarische Besonderheit verspeist.  

Nach Schätzungen von Tierschutzorganisationen landen weltweit jährlich rund 30 Millionen Hunde im Kochtopf - überwiegend in China, Vietnam und Südkorea. Konsumenten von Hundefleisch leben auch in Taiwan, Indonesien und den Philippinen. Auf Speisekarten taucht Hundefleisch ebenfalls auf in der Arktis-Region (Sibirien, Kanada, Alaska, Grönland). Trotz heftiger Debatten zwischen Tierliebhabern und Hundefleisch-Freunden bleibt die weltweite Nachfrage an dem Vierbeiner-Fleisch ungebrochen.

Hundefleisch-Festival in Chinas Süden

Unter Chinas Kommunisten galt Hundehaltung in Zeiten Mao Zedongs als dekadent-bourgeoise Gewohnheit. In der schwierigen Aufbauphase der Volksrepublik waren Hunde als Haustiere ohnehin ein Luxus und wurden in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit in der Not deshalb auch verspeist. Heute hingegen halten rund 30 Millionen Haushalte der chinesischen Mittelschicht Haustiere. Hundefleisch zu konsumieren käme ihnen nicht in den Sinn.

Kein Tabu gegenüber Hundefleischkonsum herrscht in Südchinas Provinzen Guangdong, Yunnan und Guangxi. Dies offenbart das Hundefleisch-Festival in Yulin/Guangxi, zu dem alljährlich 10.000 Hunde geschlachtet und als kulinarische Delikatesse serviert werden. 2016 regten sich dagegen internationale Proteste. Die US-Tierschutzorganisation Duo Duo sammelte 2,5 Millionen Unterschriften gegen das Hundefleisch-Fest. Ohne Erfolg. Auch 2017 kamen tausende chinesische Besucher nach Yulin. Landesweit werden in China rund 20 Millionen Hunde jährlich geschlachtet. In China selbst ist der Widerstand gegen Hundefleischkonsum allerdings schwach: die Tierschutzbewegung steckt in der Volksrepublik noch in den Kinderschuhen.

Delikatesse in Vietnams Norden

Nach China rangiert Vietnam an zweiter Position bei Asiens Hundefleischkonsum. Rund fünf bis sechs Millionen Hunde werden dort jährlich geschlachtet. Besonders in Nord-Vietnam gilt Hundefleisch als Delikatesse. Einschlägige Restaurants konzentrieren sich in der Hauptstadt Hanoi. In den beiden Stadtvierteln Tay Ho und Nhat Tan wird  besonders in den kühlen Wintermonaten gern ein wärmender Hundefleisch-Eintopf bestellt. Gegrillt, gebraten, gekocht oder geröstet. Saucen aus fermentierter Garnelen-Paste (mam tom), Fisch-Sauce (nuoc mam), Chilli und Zitronengrass verfeinern den Geschmack. Ein nicht ganz billiges Vergnügen, denn proteinreiches Hundefleisch ist dreimal so teuer wie Rind-, Schweine- oder Hühnerfleisch. Unter der fast ausschließlich männlichen Kundschaft allemal eine lohnenswerte Investition: Hundefleisch wird eine potenzfördernde Wirkung unterstellt.

Der Konsum von Hundefleisch zeigt in Vietnam einen deutlichen Trend: die Nachfrage steigt. Profitable Zukunftsperspektiven. Vietnams Hundefleisch-Industrie konzentriert sich in der Provinz Than Hoa. Inzwischen sind kriminelle Banden, die bislang illegalen Handel mit Drogen, Edelhölzern und Menschen betrieben haben, zu Teilhabern der Hundefleisch-Mafia in Vietnam aufgestiegen.

Südkoreas Skrupel im Zeichen Olympias

Auch Südkoreas wirtschaftlicher Aufstieg sorgte für die Herausbildung einer neuen Mittelschicht. Über 10 Millionen Südkoreaner halten heute Haustiere - meist Hunde, die wie Familienmitgieder behandelt werden. Dennoch boomt Südkoreas Hundefleischindustrie Rund 17.000 Zuchtbetriebe liefern zwei Millionen Hunde an 1.500 Restaurant mit Hundefleisch-Angeboten. Seit Jahren laufen in Südkorea Tierschützer Sturm gegen Vierbeiner-Delikatesse. Nicht ohne Erfolg: Supermärkte haben inzwischen Hundefleisch aus dem Sortiment verbannt. Südkorea ist Austragungsland der Winterolympiade 2018. Die Regierung in Seoul fürchtet um Südkoreas  weltweites Image und appellierte deshalb an Hundefleisch-Liebhaber (auch jenseits der Olympiade) auf ihre gewohnte Delikatesse zu verzichten. 

Taiwan verbietet Konsum von Hunde- und Katzenfleisch

Hunde- und Katzenfleisch galten unter Taiwans chinesischer Bevölkerung in Dörfern und Kleinstädten lange als Delikatesse. Auf Druck einheimischer Tierschutzorganisationen erliess Taiwans Regierung 2001 ein Verbot für den Handel mit Hundefleisch. Im April 2017 wurde ein gesetzliches Konsumverbot von Hunde- und Katzenfleisch verabschiedet. Ein Hoffnungsschimmer für Hundefreunde - nicht nur in Asien.

Indonesiens Frauen lieben Hundefleisch

Indonesiens Muslime (80 Prozent der 260 Millionen Bevölkerung) bewerten Hund und Schwein als rituell unrein (haraam). Indonesiens nichtmuslimische Minderheiten (darunter fünf Prozent Christen) sind Tabus gegenüber Fleisch von Schwein und auch Hund hingegen fremd. Indonesiens Speisekarten bieten neben dem Reisgericht nasi-goreng auch rica-rica (gewürztes Hundefleisch). 60 Prozent der indonesischen Hundefleisch-Konsumenten sind Frauen.

Auf der Urlaubsinsel Bali werden jährlich zwischen 70.000 und 100.000 Hunde geschlachtet und auch ausländischen Touristen unbewusst serviert. Australiens Tierschutzorganisationen kritisieren seit Jahren scharf die brutalen Rahmenbedingungen der dortigen Hundefleisch-Industrie (das Fangen, die Käfighaltung und Tötungsmethoden). Eine Trendumkehr ist nicht zu erwarten: der Konsum von Hundefleisch gilt in Indonesien als Teil des traditionellen Kulturerbes. Hund wird auch auf Sulawesi, Maluku und in Nord-Sumatra gern gegessen.

Thailand ist Drehscheibe der Hundefleisch-Mafia

Hundefleisch auf Thailands Speisezettel? Nein. Zumindest selten. Doch spielt das Königreich eine zentrale Rolle im transnationalen Handel mit Hunden. 500.000 Hunde sollen jährlich nach Vietnam illegal geschmuggelt werden. Zentrum der Hundefleisch-Mafia ist Nakhon Panom in Nord-Thailand. Zudem ist Thailand eine berüchtigte Drehscheibe Südostasiens für den Handel mit gefährdeten Tierarten geblieben. Entgegen den Beteuerungen diverser Regierungen in Bangkok (seit 2014 wieder eine Militärjunta)  wird noch immer afrikanisches Elfenbein importiert und verarbeitet. Auch  Thailands  Hundefleisch-Mafia ist noch immer nicht das Handwerk gelegt worden. 

Ein Hauch von Asien auch in der Schweiz: gedörrtes Hundefleisch als Delikatesse

Käse und Schokolade gelten weltweit als landestypische Spezialitäten des Alpenlandes. Doch wird in der Schweiz auch Hundefleisch konsumiert. In den Kantonen Appenzell und St. Gallen wird bisweilen gern gedörrtes Hundefleisch und Hundeschinken als Delikatesse aufgetischt. Trotz massiver Kritik von Tierschützern verbietet die Schweizer Rechtsprechung den Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch nicht - sofern das Schlachten tierschutzkonform erfolgt und dem Eigenkonsum dient. Statistiken über geschlachtete Hunde in der Schweiz werden nicht geführt.    

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Wilfried Arz ist Politikwissenschaftler in Bangkok/Thailand.

Asien Eurasien

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