Feiern zur Reichsgründung durch Dschingis KhanMONGOLEI

Feiern zur Reichsgründung durch Dschingis Khan

Feiern zur Reichsgründung durch Dschingis Khan

Mitte Juli haben die Mongolen mit einem farbenfrohen Fest ihren Reichsgründer Dschingis Kahn gefeiert. Ihm zu Ehren wurde in der Hauptstadt Ulan Bator eine riesige Statue des legendären Herrschers aus dem 13. Jahrhundert enthüllt. Doch das Land hat ernste Probleme – die Armut ist trotz riesiger Vorkommen an Bodenschätzen erschreckend hoch. Wird Dschingis Khan zur Symbolfigur der Hoffnungslosen?

Von Eberhart Wagenknecht

Dschingis Khan nach einem Bild seines Hofmalers  
Dschingis Khan nach einem Bild seines Hofmalers  

V or 800 Jahren hatte der legendäre Dschingis Khan das mongolische Reich begründet. Der Sohn des einflussreichen Mongolenhäuptlings Yesugej hieß eigentlich Temudschin. Doch als er im Jahre 1206 schließlich Kaiser aller Mongolen wurde, nannten sie ihn Dschingis Khan, was mit „ozeangleicher“, oder „ungestümer Herrscher der Welt“ übersetzt wird.

Nach seiner Wahl zum Großkhan der Mongolen wurde ein mehrtägiges Fest gefeiert. Das Volk schwor dem neuen Kaiser Gehorsam und ließ ihn immer wieder hochleben. Es erklangen die typischen Saiten- und Blasinstrumente des Nomadenvolkes, die „Hel khuur“ (Maultrommel), die „Tsuur“ (hölzerne Flöte), „Limben“ (Querflöten) aus Bambus, die von China importiert waren, sowie die reich verzierten „Bishgüür“ (Metalltrompeten) und Saiteninstrumente, wie die „Khun tovshuur“. Die Steppe bebte unter dem Festgelage und den Tänzen der riesigen Mongolenversammlung.

Dschingis Khan schuf schließlich ein auf ihn als Mittelpunkt ausgerichtetes Reich – und zwar gegen alle Widerstände der Steppenaristokratie. Es entstand durch die politische Einigung aller mongolischen Sippen und Stämme und durch erbarmungslose Ausrottung aller Kräfte, die sich gegen seine Alleinherrschaft stellen wollten. Er schaffte es, die zahlreichen Nomadenstämme auf sich einzuschwören. In den folgenden Jahren eroberte er mehr Ländereien als je ein anderer Mensch vor oder nach ihm. Mit seinen Reiterheeren schuf er das mongolische Weltreich, das sich von China bis nach Mitteleuropa erstreckte. Unter seinen Söhnen und Enkeln schloss das mongolische Reich sogar das heutige China, Zentralasien, Russland, den Irak und den Iran ein.

Mehrtägige Festspiele zu Ehren des Großkhans

Eine riesige Statue, die Dschingis Khan auf seinem Thron zeigt, wurde bei der 800 Jahrfeier der mongolischen Reichsgründung im Juli 2006 enthüllt.  
Eine riesige Statue, die Dschingis Khan auf seinem Thron zeigt, wurde bei der 800 Jahrfeier der mongolischen Reichsgründung im Juli 2006 enthüllt.  

Nach 800 Jahren gab es jetzt wieder ein mehrtägiges Fest zu Ehren des legendären Khans. Zu Beginn der Festlichkeiten in Ulan Bator wurde in der Hauptstadt eine riesige Statue des auf seinem Thron sitzenden Herrschers enthüllt. Zahlreiche Staatsgäste aus aller Welt gaben dem großen Dschingis Khan dabei die Ehre. Darunter auch der russische Ministerpräsident Michail Fradkow. Er war mit einer großen Delegation hochrangiger Wirtschaftsführer angereist. Bei einem Treffen mit seinem mongolischen Kollegen Megombyn Enchbold führte er intensive Wirtschafts- und Handelsgespräche zur Verbesserung der gegenseitigen Zusammenarbeit. Russland sei bereit, seine Beteiligung an Investitionsprojekten in der geologischen und der Bergbaubranche, sowie im Verkehrswesen, in der Energiewirtschaft etc. zu erwägen.

Die Regierung ordnete für die 800-Jahr-Feiern eine große Amnestie an, bei der rund 700 Gefangene freigelassen wurden. Man erklärte, dass dies rund zehn Prozent aller Häftlinge im Land seien. Bei den Reichsgründungsfeiern selbst ging es hoch her. 800 Musiker spielten im zentralen Stadion der Hauptstadt die Nationalhymne. Junge Mongolen in historischen Kriegerkostümen ritten auf ihren Pferden um das Stadionrund. Von Wodka über Bier bis hin  zu Streichhölzern gab es kaum ein Produkt, das nicht mit dem Namen und dem Bild von Dschingis Khan verziert war. Die Feiern fielen mit dem jährlichen Naadam-Fest zusammen, an dem auch die Wettkämpfe in den Nationalsportarten Pferderennen, Ringen und Bogenschießen stattfanden.

Dschingis Khan als Symbolfigur mongolischen Widerstands gegen Ausbeuterei?

Als die Mongolei noch als Satellitenstaat der Sowjetunion ihr Dasein fristete (bis 1991) waren Gedenkfeiern und Amnestien zu Ehren Dschingis Khans streng untersagt. Moskau hatte immer gefürchtet, der legendäre Großkhan könnte zum Symbol des Widerstands werden.

Dies könnte auch heute noch geschehen. Wenn auch mit anderer Stoßrichtung als seinerzeit vom Moskauer Kreml befürchtet Am Rande der Feiern kam es bereits zu Demonstrationen. Sie richteten sich gegen die Ausbeutung von mongolischen Rohstoffquellen durch Ausländer und gegen korrupte Politiker im Lande. Tatsächlich hat in den vergangenen Jahren ein nie gekannter Ansturm auf die Bodenschätze der Mongolei eingesetzt. Eine steigende Nachfrage, vor allem aus dem boomenden Nachbarland China, und höhere Weltmarktpreise haben ausländische Unternehmen auf den Plan gerufen, die mit dem Abbau von Gold, Kupfer, Kohle und anderen Bodenschätzen begannen. Trotz seines Reichtums an Ressourcen leben 36 Prozent der Menschen in der Mongolei unterhalb der Armutsgrenze. Wenn Politiker und Parteien in der jungen Demokratie dieses Problem nicht bald in den Griff bekommen, könnte Dschingis Khan doch noch zu einem Symbol des Widerstands werden – gegen Multinationale Konzerne, globale Ausbeutung und Korruption.

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Lesen Sie dazu auch EM 06-05 „Das eurasische Großreich der Mongolen und seine Faszination“ und EM 03-03 „Eurasien historisch: DIE MONGOLEN“.

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