Ferne Gefährten im Land der KirschblüteJAPAN

Ferne Gefährten im Land der Kirschblüte

Ferne Gefährten im Land der Kirschblüte

Die große Industrienation Japan wurde in den letzten Monaten durch harte Schicksalsschläge arg gebeutelt: Erdbeben, Tsunami, Katastrophe im Kernkraftwerk Fukushima am Pazifischen Ozean. In Deutschland war die Anteilnahme riesig. Seit 150 Jahren gibt es eine enge Verbindung zwischen beiden Ländern. Die Ausstellungen „Ferne Gefährten“ und die Sonderausstellung „Ins Land der Kirschblüte“ der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim lassen die deutsch-japanische Freundschaft Revue passieren.

Von EM Redaktion

Preußisch-Japanischer Handelsvertrag, 1861.
Preußisch-Japanischer Handelsvertrag, 1861.
© Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Foto: Joachim Kirchmair.

2011 jährt sich die offizielle Aufnahme deutsch-japanischer Beziehungen zum 150. Mal. Die Unterzeichnung des „Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags“ durch Shōgun Tokugawa Iemochi und den preußischen Staatsmann Graf Friedrich Albrecht zu Eulenburg am 24. Januar 1861 legte den Grundstein für die anhaltende, fruchtbare aber auch wechselhafte Freundschaft zwischen Japan und Deutschland. 

„Das Mittelmeer ist der Ozean der Vergangenheit, der Atlantik ist der Ozean der Gegenwart und der Pazifik ist der Ozean der Zukunft“ sagte Ende des 19. Jahrhunderts der frühere amerikanische Außenminister John Hay voraus. In Preußen und in Japan hatte man diese Zeichen der Zeit erkannt.

Regierungsära Helmut Schmidt: Helmut Schmidt und Franz Josef Stauß von Kudô Sumiko, 1976.  
Regierungsära Helmut Schmidt: Helmut Schmidt und Franz Josef Stauß von Kudô Sumiko, 1976.
© Prof. Peter Pantzer.
 

Schirmherrschaft von Bundespräsident und Kronprinz

Unter der Schirmherrschaft des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff und des japanischen Kronprinzen Naruhito findet anlässlich des Jubiläums ein Festjahr statt, in dessen Mittelpunkt das Ausstellungsprojekt „Ferne Gefährten. 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen“ der Reiss-Engelhorn-Museen (rem) Mannheim steht. Gefördert wird das Projekt maßgeblich vom Auswärtigen Amt und der Kulturstiftung des Bundes. Hauptsponsor der Ausstellung ist die BASF SE. Vom 8. November 2011 bis 5. Februar 2012 ist die Schau im Museum Weltkulturen D5 zu sehen.

Gemeinsam mit dem Verband deutsch-japanischer Gesellschaften e.V. realisieren die rem die Jubiläumsausstellung, die sich verschiedenen Teilbereichen der deutsch-japanischen Beziehungen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kunst und Kultur widmet. Chronologisch aufeinander folgende Themenbereiche spannen einen Bogen vom Anbeginn der Beziehungen bis hin in die Moderne. Originale Verträge und eindrucksvolle Exponate stellen Japans Weg in die Neuzeit und die engagierte Begleitung, die Deutschland dabei geboten hat, den Antagonismus während des Ersten Weltkriegs, den engen Austausch in den folgenden Jahren, aber auch das verhängnisvolle Zusammenwirken im Zweiten Weltkrieg  und die gemeinsamen erfolgreichen Bemühungen um den Wiederaufbau dar.

Einst wurden Fernduelle des Brettspiels Go ausgetragen

In Japan wird ein Brettspiel gepflegt, das älter ist als das in Indien erfundene Schach. Sein Ursprung liegt zwar im alten China, aber via Japan gelangte es in den Westen. Sein Name „Go“ ist der, den ihm die Japaner gegeben haben, und er ist überall außerhalb Chinas (dort heißt das Speil Wéiqí, gesprochen etwa „Wei-tsi“, zu Deutsch „Umzingelungsspiel“) zum  gebräuchlichen Namen geworden.

Im 17. Jahrhundert hatte die japanische Regierung sogar Go-Schulen einrichten lassen. Mit der japanischen Kulturtradition ist Go ebenso verbunden wie Sumo-Ringen, die Tee-Zeremonie, Kendo oder die Kunst des Bogenschießens. Für asiatische Top-Manager ist die Beherrschung des Go-Spielens Pflicht.

In Europa taucht Go 1881, 20 Jahre nach Aufnahme der Beziehungen zum ersten Mal durch die Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde auf. Besonders beliebt war Go in Deutschland während der Jahre 1938 bis 1941. Damals, zur Zeit der deutsch-japanischen „Waffenbrüderschaft“ wurden sogar Fernpartien zwischen den beiden eurasischen Ländern ausgetragen, Berlin gegen Tokio, Hamburg gegen Nagasaki.

Fotografien aus dem geheimen Staatsarchiv Berlin

Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“, Pullman-Limousine, 1935 (Kaiser Hirohito)  
Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“, Pullman-Limousine, 1935 (Kaiser Hirohito)
© Mercedes-Benz Classic Archive.
 

Die Ausstellung bietet auch einen Ausblick auf die künftige Entwicklung nach der Erdbebenkatastrophe  vom 11. März 2011 und auf die Aufgaben beider Länder in der Weltpolitik der nächsten Jahre.

Zu sehen sind unter anderem neu entdeckte Fotografien der Eulenburg-Mission aus dem geheimen Staatsarchiv Berlin, exklusive Geschenke der preußischen Delegation an den damaligen japanischen Machthaber, wie zum Beispiel Porzellanplatten der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, sowie seltene Leihgaben aus japanischen Museen. Die außergewöhnlichen Exponate versinnbildlichen die wechselhafte aber fruchtbare Freundschaft zwischen beiden Nationen. Einige der japanischen Exponate wurden durch das folgenschwere Erdbeben in Japan im März 2011 schwer beschädigt und eigens für die Ausstellung in den Restaurierungswerkstätten der Reiss-Engelhorn-Mussen aufgearbeitet.

„Ins Land der Kirschblüte“

Zur Ausstellung wird ein Begleitband mit Beiträgen renommierter Autoren erscheinen. Ergänzend zeigt das Forum Internationale Photographie unter dem Titel „Ins Land der Kirschblüte - Japanische Reisefotografien des 19. Jahrhunderts“ eine Präsentation historischer Japanfotografien des 19. Jahrhunderts aus den Sammlungsbeständen der Reiss-Engelhorn-Museen.

Mit dieser fotohistorischen Sonderausstellung  wirft das Forum Internationale Photographie (FIP) der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim im Jubiläumsjahr „150 Jahre Freundschaft Deutschland – Japan“ einen besonderen Blick auf die Anfänge der Kulturbeziehungen zwischen Deutschland und Japan.

Mit insgesamt 170 ausgewählten und noch nie gezeigten Exponaten lädt die Ausstellung vom 8. November 2011 bis 12. Februar 2012 ein, die japanische Inselwelt im Spiegel der historischen Reisefotografie neu zu entdecken. Der Besucher wandelt auf den Spuren der Reisenden des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Er folgt der damals typischen Reiseroute durch die japanische Inselwelt, einer Welt, die europäischen Reisenden bis dahin weitgehend unbekannt war. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts lockte die Faszination für die japanische „terra incognita“ erste Neugierige ins Land der Kirschblüte. Die Route führt den Besucher entlang der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten bis hin zu den reizvollen Naturschauspielen Japans und eröffnet spannende Einblicke in das kulturelle Leben des Landes.

Teehäuser und kunstvoll angelegte Park- und Tempelanlagen

Sumo-Ringer. Ausstellungsplakat zur fotohistorischen Sonderausstellung des Forums Internationale Photographie (FIP) der Reiss-Engelhorn-Museen. Geänderte Dauer: 8. November 2011 bis 12. Februar 2012.  
Sumo-Ringer. Ausstellungsplakat zur fotohistorischen Sonderausstellung  des Forums Internationale Photographie (FIP) der Reiss-Engelhorn-Museen. Geänderte Dauer: 8. November 2011 bis 12. Februar 2012.  

Die ausgestellten Fotografien dokumentieren in eindrucksvoller Weise sowohl den Aufbruch Japans in die Moderne als auch den Fortbestand traditioneller Lebensweisen. Imposante Städteansichten zeugen von einer rasch fortschreitenden Industrialisierung und Urbanisierung. Im Gegenzug vermitteln die Fotografien von Teehäusern und kunstvoll angelegten Park- und Tempelanlagen einen faszinierenden Eindruck vom Facettenreichtum und dem Fortbestand traditioneller japanischer Kultur.

Der Mensch und seine Lebenswelt bilden einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung. Inszenierte Studioaufnahmen porträtieren Vertreter verschiedenster Berufsstände. Die Fotografien zeigen Japaner als Akteure in Genreszenen wie auch in ihrem häuslichen Umfeld und belegen das enzyklopädische Interesse Europas am japanischen Alltagsleben.
Unter den exquisiten Exponaten befinden sich Aufnahmen von bedeutenden Pionieren der Fotografie wie Felice Beato, Baron Raimund von Stillfried, Adolfo Farsari, Tamamura Kozaburo und Kusakabe Kimbei, die die Entwicklung der Fotografie in Japan maßgeblich beeinflusst haben und deren Bilder für die fotografische Rezeptionsästhetik von Japan und seiner Kultur stilbildend wurden.

Als fototechnische Dokumente zeugen die aufwendig von Hand kolorierten Albuminabzüge von der qualitätvollen Japanfotografie des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die die Farbfotografie ein ganzes Jahrhundert vor deren eigentlicher Erfindung vorweg zu nehmen scheint und daher bis heute so faszinierend wirkt. Korrespondierend zu den Fotografien werden ausgewählte Textpassagen aus zeitgenössischen Reiseberichten zitiert, die einen spannungsvollen Bogen zwischen visuellem Eindruck und literarischer Niederschrift schlagen.

Die Ausstellung präsentiert unter anderem auch ein seltenes privates Fotoalbum, das den Alltag einer deutschen Unternehmerfamilie in Japan abseits aller touristischen Vorgaben und gewählten Inszenierungen aus einer völlig anderen Perspektive zeigt. Als authentische Zeugnisse eröffnen die privaten Albumbilder einen besonderen sozio-historischen Einblick auf den deutsch-japanischen Kulturkontakt.  Auch zu dieser Ausstellung wird ein Begleitkatalog erscheinen.

Infomationen: www.rem-mannheim.de

Asien

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene Artikel

  1. Die Coronakrise aus der Sicht einer russischen Psychiaterin
  2. Kurden - Geschichte, Kultur und Hintergründe
  3. Die Perser - Geschichte und Kultur
  4. Putin: Russland ist kein Land sondern eine eigenständige Ziviisation
  5. Chinesische Frauen: Erotisch, anschmiegsam und sehr erfolgreich

Eurasien-Ticker