„Global Players brauchen Kulturkompetenz – so sichern Sie Ihre Wettbewerbsvorteile im Asiengeschäft“, von Hanne Seelmann-Holzmann.GELESEN

„Global Players brauchen Kulturkompetenz – so sichern Sie Ihre Wettbewerbsvorteile im Asiengeschäft“, von Hanne Seelmann-Holzmann.

BW Bildung und Wissen-Verlag, Nürnberg 2004, 258 Seiten, 14,80 Euro, ISBN 3-82147-633-8.

Von Johann von Arnsberg

„Global Players brauchen Kulturkompetenz – so sichern Sie Ihre Wettbewerbsvorteile im Asiengeschäft“, von Hanne Seelmann-Holzmann. 
„Global Players brauchen Kulturk-ompetenz – so sichern Sie Ihre Wettbewerbs-
vorteile im Asiengeschäft“, von Hanne Seelmann-Holzmann.
 

Muß ich etwas über Konfuzius wissen, wenn ich in China Werkzeugmaschinen verkaufen will? Nicht unbedingt, aber es wäre gut zu erkennen, daß mein asiatischer Gesprächspartner unter seinem äußerlich westlich wirkenden Mantel noch immer traditionelle Kleider trägt. Wem dies nicht bewußt ist, der tappt in die „Ähnlichkeitsfalle“, die darin besteht, äußere Merkmale wie die Beherrschung der englischen Sprache, westliche Anzüge und Statussymbole als Indikatoren übereinstimmender Einstellungen anzusehen.

Darauf macht Hanne Seelmann-Holzmann in ihrem Buch westliche Manager aufmerksam, die im Asiengeschäft tätig sind. Warum ist es zum Beispiel wichtig, stundenlang mit Geschäftspartnern in Indien beim Essen zu sitzen, von zu Hause zu erzählen, der Frau und den Kindern – anstatt Geschäfte zu machen? Zeit ist schließlich kostbar, vor allem wenn man den gesamten Kontinent überfliegen muß, um seinen Gesprächspartner zu treffen. Da muten ausgiebige Essen und langatmige Unterhaltungen als Zeitverschwendung an.

Viele europäische Geschäftsleute haben mit solchen asiatischen Gepflogenheiten ihre Probleme. Deshalb, so die Autorin, ist „die Schlüsselkategorie in der internationalen Arbeit“ die Kulturkompetenz. Daß es dabei nicht in erster Linie um die Kenntnis bestimmter Bau- oder Literaturstile an der asiatischen Wirkungsstätte geht, wird dem Leser rasch bewußt. Es geht um das Kennenlernen des „dominanten Sinnsystems“, als das sich die Kultur eines Landes beschreiben lasse. Dominant deshalb, „weil es sich als dasjenige behaupten konnte, dem die Mehrzahl der Menschen Geltung zuerkennt.“

Das „dominante Sinnsystem“ bestimmt, was „richtig“ und „falsch“ ist

Und was heißt das konkret? „In Deutschland gibt es kein Verbot, Fleisch zu essen. Dennoch sind viele Menschen Vegetarier. Niemand käme aber auf die Idee, die Bundesrepublik etwa als hinduistisches Land anzusehen, wo Fleischessen aus religiös-philosophischen Gründen abgelehnt wird. Das dominante Sinnsystem in Deutschland ist nämlich das Christentum, und das kennt keine Tabus bezüglich des Fleischverzehrs.“ – Das „dominante Sinnsystem“ einer Kultur definiert was „normal“, also üblich und vertraut, und was „unnormal“ ist. Im weiteren Sinne unterscheidet es für das jeweilige Land, was „richtig“ ist und was „falsch“.

Dazu gehört der Autorin zufolge, daß es in Asien als ein Zeichen höchster Unhöflichkeit gilt, öffentlich über sich selbst und seine Gefühle zu sprechen: „Die Ausbreitung persönlicher Gefühle in der Öffentlichkeit ist ein absolutes Tabu, denn wie kann man andere Menschen mit seinen persönlichen Sorgen und Gefühlen belasten?“

Oder: „Asiaten sind Meister im Spiegeln von Verhalten. Dadurch reduzieren sie bei ihrem Gegenüber das Gefühl der kulturellen Distanz, sie schaffen Nähe und erzeugen eine Scheinsicherheit.“ – Aber deshalb sind sie noch lange nicht „wie wir“.

Daß sich ein derart unterschiedliches kulturelles Empfinden auch „in Form einer kulturspezifischen Wirtschaftsmentalität“ im Geschäftsleben wiederfindet, liegt durchaus nahe.

„In Asien bilden Personenbeziehungen das Herz jeder Geschäftsbeziehung“

„Zu den Regeln der Kommunikation mit asiatischen Partnern gehört, daß es oft viel wichtiger ist, was der Partner nicht sagt“, schreibt die Asienkennerin. Vielen Europäern komme das Verhalten ihrer asiatischen Geschäftspartner daher als „verlogen“ vor – in Wahrheit würden sie aber - salopp ausgedrückt – einfach nicht verstehen wie ihr Gegenüber „tickt“. Es sei die mangelnde Kulturkompetenz, die oft zu Mißverständnissen führe.

„In Asien bilden Personenbeziehungen das Herz jeder Geschäftsbeziehung“, verrät die Autorin. In Sprichworte gegossen, von denen sie nicht wenige parat hat, heißt das: „In Asia we say: Establish friendship and business will follow“. Oder: „Wenn ich dem Kunden Geld schenke, bekomme ich seine Aufmerksamkeit. Wenn ich ihm meine Aufmerksamkeit schenke, bekomme ich sein Geld.“

Da sich die Qualitätsstandards von Produkten weltweit immer mehr anglichen, würden weichen Faktoren (Soft Skills) für ein erfolgreiches Auftreten auf internationalen Märkten in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Es sei einfach unumgänglich zu wissen, daß man seinen asiatischen Kollegen oder Geschäftspartnern nicht – wie man es hierzulande vielleicht gewohnt sei - durch eine liebevolle Umarmung zeigen darf, wie sehr man sie schätzt. „Die so Geherzten werden meist erstarren, denn allzuenger Körperkontakt gilt in den meisten Ländern Asiens als unschicklich und ist – vor allem gegenüber Frauen – tabu“, schreibt Hanne Seelmann-Holzmann.

Dabei würden einem aber die Asiaten noch nicht einmal zeigen, wenn man solche Fehler begeht. Eine derartige Offenheit, bei der ihr Gegenüber das Gesicht verlieren würde, käme einem Asiaten nicht in den Sinn: „Die im asiatischen Katalog der sozialen Werte zentrale Kategorie des Gesichtgebens wird dafür sorgen, daß man das überhaupt nicht merkt, sondern sich trotz seines falschen Verhaltens auch noch wohl fühlt.“

Man bekommt bei diesen Ausführungen mehr als nur eine Ahnung davon, was man alles falsch machen kann gegenüber asiatischen Verhandlungspartnern. Und da Manager oder Techniker im Asiengeschäft über Wohl und Wehe heimischer Arbeitsplätze, über finanziellen Erfolg oder Mißerfolg ihres Unternehmens entscheiden, ist der Buchtitel nachvollziehbar: „Gobal Players brauchen Kulturkompetenz“.

„Die Krähe, die den Kormoran nachahmt, wird ertrinken“

Wie also denken asiatische Geschäftspartner? Was hat es damit auf sich, das „Gesicht zu wahren“ - oder auch „das Gesicht zu nehmen“ – oder gar „das Gesicht zu geben?“ Die Autorin wird nicht müde mit teils frappierenden Beispielen solche Fragen zu beantworten. Dazu bietet sie einen spannenden Exkurs über „asiatisches Denken“ und die „wichtigsten Unterschiede westlichen und asiatischen Denkens.“

Auch was Kulturkompetenz nicht ist, erfährt der Leser. „Kulturkompetenz bedeutet nicht, die eigenen kulturellen Werte über Bord zu werfen und etwa ‚Asiate‘ zu werden. Wer dies versuchen würde, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ – Denn: „Die Krähe, die den Kormoran nachahmt, wird ertrinken“, zitiert die Autorin ein japanisches Sprichwort.

Ein empfehlenswertes Buch, einfach zu lesen, praxisorientiert und ungleich wertvoller als so manches hochgestochene Kompendium dieses Genres.

Asien Kultur Rezension

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