Von Danang nach Phan ThietVIETNAM

Von Danang nach Phan Thiet

Eine Reise durch das südliche Vietnam auf den Spuren alter und neuer Geschichte

Von Eberhart Wagenknecht

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Duftfluß
(Foto: L. Kirstein)
 

EM - Unter dem lichten Rotgrau des Morgenhimmels schlendere ich gemächlich durch die alte vietnamesische Kaiserstadt Hue. Begleitet werde ich von meiner vietnamesischen Reiseführerin Hoa. Sie erklärt mir geduldig und ausführlich, welche Bedeutung die Residenz einst gehabt hatte. „Diese verschachtelte Stadt aus drei Rechtecken wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts nach dem Vorbild der verbotenen Stadt in Peking erbaut“, erklärt sie mir. „Während in Europa schon die Menschenrechte proklamiert und der Adel abgeschafft wurde, richteten sich hier die Kaiser der Ngyen-Dynastie mit ihren Mandarinen und Konkubinen ein. Sie lebten abgeschottet von ihrem Volk“, erläutert die zierliche Hoa mit vielen Gesten. Dann lächelt sie ein wenig verschmitzt und meint: „Das ist so ähnlich wie mit dem König Ludwig, der zu dieser Zeit Neuschwanstein als Ritterburg aufbaute.“

Hoa hat ihr Deutsch in der ehemaligen DDR erlernt. Zunächst studierte sie in Dresden Ingenieurwissenschaft, danach arbeitete sie in einer Textilfabrik. Einmal sei sie mit einer Gruppe auch in Neuschwanstein und dem Schloß Linderhof gewesen. Eine Anstellung in ihrem Beruf habe sie zu Hause in Vietnam nicht finden können, deshalb arbeite sie jetzt als Touristenführerin. Und es mache ihr viel Spaß.

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 Französische Kathedrale Notre Dame in Saigon
(Foto: Wahl & Schlipf)

Von Hoa erfahre ich, daß die Ngyen-Kaiser von 1802 bis 1945, als die Republik Vietnam ausgerufen wurde, hier residierten und regierten. Bis 1945 – natürlich, der Zweite Weltkrieg hat nicht nur Deutschland verändert und Europa, sondern in ganz Eurasien und anderen Teilen der Welt zu gewaltigen Umbrüchen geführt. Vor dem Krieg war Vietnam noch ein Teil der kolonialen Schöpfung „Indochina“, bestehend aus Laos, Kambodscha und Vietnam. Damals war es französisches Gebiet, wurde dann aber während des Krieges von den Japanern erobert. Frankreich versuchte den Verlust in den fünfziger Jahren rückgängig zu machen. Die kommunistisch geführte Unabhängigkeitsbewegung der Viet Minh, die vorher schon gegen die Japaner gesiegt hatte, fügte jedoch auch den Franzosen eine vernichtende Niederlage zu. Nach der Schlacht von Dien Bien Phu kapitulierten die Fremdenlegionäre der Grande Nation am 8. Mai 1954. - Ein denkwürdiges Datum. Der achtjährige Krieg war zu Ende. Entscheidender Punkt des Abkommens war die Teilung Vietnams entlang des 17. Breitengrades. Im Norden herrschten nun die Viet Minh mit der Hauptstadt Hanoi, im Süden Marionettenregierungen französischer und später amerikanischer Besatzer in Saigon. Erst nach dem Fall Saigons 1975 am Ende des über elf Jahre dauernden amerikanischen Vietnamkriegs, wurde das Land wiedervereinigt.

Ich empfand deutlich, wie aus den abstrakten Begriffen der Kriegsberichterstattung von damals nun langsam jenes Vietnam vor mir entstand, das aus Landschaften, Menschen, Kultur bestand. Da Nang oder Hue waren nicht länger umkämpfte strategische Punkte, sondern zauberhafte Plätze mit eigenem Flair. Es war schön, das so erleben zu dürfen.

Kotau vor dem Kaiser

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Hue, alte Kaiserstadt
(Foto: Wahl & Schlipf)
 

„Der Weg durch das mittlere Tor und über die Brücke des künstlichen Sees hier war früher nur dem Kaiser vorbehalten,“ reißt mich die mit heller Stimme munter weitersprudelnde Hoa aus meinen Gedanken. „Alle anderen mußten um den Teich herumgehen“, sagt sie und vollführt mit ihren feingliedrigen Händen einen großen Bogen. „Die religiösen Zeremonien fanden im Hof der Riten vor der Halle der Höchsten Harmonie statt“, erfahre ich. Es seien stets Hunderte von Menschen mit farbenfrohen Seidenroben und viereckigen Kopfbedeckungen beteiligt gewesen. Sie hätten getrennt nach Militärs und Zivilisten Aufstellung genommen. „Alle mußten auf den Steinfliesen vor dem Herrscher den so genannten Kotau ausführen, sich lang ausgestreckt auf den Boden werfen“, erklärt mir Hoa und einen Moment sieht es so aus, als wolle sie mir das Ritual am eigenen Leib vorführen.

Ich mußte während der weiteren Reise noch oft an die kleine vietnamesische Ingenieurin aus der ehemaligen DDR zurückdenken. Niemand unter den Touristenführern, die ich später auf dieser Reise noch kennenlernte, war bei aller Freundlichkeit auch nur annähernd so engagiert.

Nach dem Flug in die vietnamesische Hauptstadt Saigon und einem Anschlußflug gen Norden hatte unsere eigentliche Reise in Danang begonnen. Die berühmten Marmorberge und das Cham-Museum mit seiner Sammlung faszinierender Skulpturen aus der Zeit der Cham-Kaiser waren die ersten Höhepunkte. Wo immer unsere fünfköpfige Gruppe hinkam, waren noch die Schäden der letzten Kriege - gegen die Franzosen und später gegen die Amerikaner - zu sehen. Aber was schon wieder aufgebaut wurde, kann im wahrsten Sinne des Wortes traumhaft und majestätisch schön genannt werden.

Die schönste Pagode Vietnams
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 Hue, Thien Mu-Pagode
(Foto: Wahl & Schlipf)

Mit einem kleinen, Sampan genannten Schiff trieb unsere Reisegruppe am nächsten Tag gemächlich den „Fluß der Wohlgerüche“ oder „Duftfluß“ hinunter zur wohl schönsten Pagode Vietnams, der Thien Mu-Pagode. Dieser Tempelbau, der von den Kriegswirren unversehrt geblieben ist, beeindruckt schon allein durch ihre Lage hoch über dem Ufer. Eine breite Treppenanlage führt hinauf zu diesem filigranen Bauwerk, das aus sieben übereinander liegenden Achtecken besteht. Jedes symbolisiert eine Reinkarnation Buddhas.

Vom Hügel aus hat man eine prächtige Aussicht über den Fluß und das weite Tal mit seinen Königsgräbern. Sie gehören zu einer Klosteranlage, die heute von einigen Mönchen bewirtschaftet wird. Sie kümmern sich auch um die Pflege der wunderschönen Gärten. Einer zeigt uns den in einer Garage stehenden alten Austin. Mit diesem Auto, so erfahren wir, hatte sich 1963 einer der Mönche nach Saigon fahren lassen, um sich dort aus Protest gegen die Buddhistenverfolgung des seinerzeit herrschenden erzkatholischen Diktators Diem selbst zu verbrennen.

Auf der Weiterfahrt Richtung Süden verlocken immer wieder kilometerlange Sandstrände zu einer Badepause, und wer Hunger hat, kann sich in einem der kleinen Dörfer einen fangfrischen Fisch nach seinen Wünschen zubereiten lassen. Selten kostet ein Gericht mehr als einen oder zwei Euro.

Das beschauliche Hoi An – einst bedeutendster Seehafen Südostasiens

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Hoi An, die alte Hafenstadt 

Nächste Station ist das historische Städtchen Hoi An. Es gehört genau wie Hue zum Weltkulturerbe der Unesco. Hoi An ist in den Wirren der vietnamesischen Geschichte unzerstört geblieben und gilt als eine der schönsten Städte des Landes. Das einstige Hafenstädtchen war jahrhundertelang einer der wichtigsten Seehäfen Südostasiens. Der gesamte Ort ist für Personenwagen, Lastwagen und Busse gesperrt. Die wunderschöne Architektur, die kleinen Läden und Kunstgalerien laden zum Bummeln ein. In der Abenddämmerung wirkt das Städtchen regelrecht mediterran. Die kleinen Restaurants und Straßencafés sind sehr gut besucht. Es werden landestypische Spezialitäten serviert, etwa Huhn in Zitronenblättern oder Cao Lau, eine köstliche Suppe mit Croutons und Gemüse, garniert mit einigen Scheiben Schweinefleisch. Dazu gibt es „Saigon“, ein sehr süffiges vietnamesisches Bier.

Wir sind nun auf dem Weg in die Stadt Nha Trang, die bereits knapp 400 Kilometer weiter im Süden liegt. Es ist der achte Tag unserer Vietnamreise. Unterwegs besuchen wir die Gedenkstätte von My Lai. Hier hatten US-Soldaten im Vietnamkrieg ein Massaker verübt. Nha Trang ist der wohl schönste Badeort Vietnams. Das Klima ist mild, der kilometerlange Sandstrand blendend weiß, und das Südchinesische Meer schimmert im türkisfarbenen Kontrast.

Wir fahren mit dem Auto ins zentrale Hochland in Richtung Dalat. Kurz hinter Phan Rang erhebt sich auf einem Hügel das schönste Cham-Heiligtum von Vietnam: Po Klaung Garai, das wir natürlich besichtigen. Die dazugehörenden „Cham-Türme“ werden bis heute von den in der Umgebung wohnenden Bauern als Kultstätte benutzt. Auf einer Serpentinenstraße geht es anschließend durch die überwältigende Berglandschaft über den Bellevue-Paß hinauf bis in das 1.500 m hoch gelegene Städtchen Dalat.

Wir kommen um die Mittagszeit an, machen einen Stadtrundgang und besuchen den malerischen Markt, auf dem u.a. Angehörige der in der Umgebung lebenden Bergvölker ihre selbst gewebten Textilien und Lebensmittel aus eigener Produktion anbieten. Bis spät in die Nacht hinein herrscht hier reges Leben.

Vorbei an Kaffee- und Ananasplantagen nach Saigon und ins Mekongdelta

Tags darauf starten wir zur Fahrt in das noch 300 Kilometer entfernte Saigon. Dieser alte Name der Stadt hat sich wieder durchgesetzt, ähnlich wie St. Petersburg für Leningrad. Nur im offiziellen Sprachgebrauch des Staatsapparates ist immer noch von Ho Chi Minh-Stadt

die Rede. Die Umbenennung Saigons in Ho Chi Minh-Stadt war im Jahre 1976vorgenommen worden, nach dem Abzug der US-Truppen und der Vereinigung des zeitweise in Nord- und Südvietnam geteilten Landes. Ho Chi Minh war der Führer des vietnamesischen Unabhängigkeitskriegs gegen Japaner und Amerikaner.

Die Route nach Saigon ist sehr schön und abwechslungsreich. Wir fahren vorbei an Kaffee-, Tee- und Ananasplantagen auf dem Hochplateau von Lam Dong. Dann sehen wir Dschungel, Bananenhaine und schließlich langgestreckte Gummiplantagen. Als wir wieder in die Ebene hinunterkommen, werden diese schließlich von weitflächigen Reisfeldern abgelöst.

In Saigon leisten wir uns eine ausgiebige Stadtrundfahrt die uns nach Chinatown führt und zum großen Markt von Cholon. Auf dem Programm steht auch die Giac Lam Pagode, die älteste Pagode Saigons. Wir besuchen den Tempel des Jadekaisers und steigen schließlich im Stadtzentrum aus. Hier besichtigen wir die aus der französischen Kolonialzeit stammenden Gebäude wie z.B. die Kathedrale von Notre Dame und das berühmte alte Hauptpostamt von Saigon. Am Nachmittag steht ein Ausflug nach Cuchi auf dem Programm. Cuchi, das ist ein unterirdisches Tunnelnetzsystem, das die Vietkong im Vietnamkrieg errichtet haben. Es hat drei Etagen und eine Gesamtlänge von über 250 Kilometern. Hier haben sich Vietkong -Partisanten vor den den amerikanischen Truppen versteckt und ihnen das Leben zur Hölle gemacht.

Am anderen Tag geht es ins Mekongdelta nach My Tho. Dort angekommen wird uns eine Spezialität serviert: „Elefantenohrfisch“. Eine echte Delikatesse. Wir machen eine romantische Fahrt auf dem Mekong, rudern in kleinen Booten durch schmale Seitenarme des Deltas zu einer Insel und besichtigen tropische Obstgärten.

Die letzten Tage der Reise verbringen wir in Phan Thiet, einem der schönsten Urlaubsressorts Vietnams, 200 Kilometer nordostwärts von Saigon gelegen. Die Hotelgebäude stehen an einem unvergleichlich schönen feinsandigen Strand. Das elegante Restaurant und eine zauberhafte Frühstücksterrasse mit Blick aufs Meer vervollständigen das Bild. Der Service ist hier besonders aufmerksam und liebenswürdig und die Küche exzellent. Ein Abendessen bei Kerzenschein und Meeresrauschen mit feinem Gegrillten auf der Hotelterrasse ist ein unvergeßliches Erlebnis. Hier bleiben wir fünf Tage, um uns am Meer von der Tour durch das südliche Vietnam zu erholen.

Weitere Auskünfte beim Spezialisten für die hier geschilderte Reise, den „Vietnam Tours“ in Bonn: http://www.vietnam-tours.de/index.html.

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